Foto mit Büchern im Kreis

Self-Publishing: Vor- und Nachteile

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Volle Kontrolle, höhere Tantiemen pro verkaufter Einheit und wesentlich mehr Freiheiten als mit einem Verlagsvertrag – immer mehr Autoren entscheiden sich ganz bewusst für das Self-Publishing. Wie bei jeder Option gibt es jedoch auch hier Vor- und Nachteile.

Vorteile

  • Kontrolle
    Ein verlagsunabhängiger Autor (Indie-Autor; von engl.: independent author) behält die volle Kontrolle über alle Prozesse des Veröffentlichens: vom Schreiben über das Lektorat, Korrektorat, die Formatierung, das Coverdesign, gegebenenfalls den Buchtrailer, die Entscheidung über die angebotenen Formate (Print, E-Book, Hörbuch) sowie die Verkaufsplattformen und vieles mehr. Das heißt nicht, dass er alles selbst machen muss, im Gegenteil: Für viele Schritte kann man Freiberufler als professionelle Unterstützung anheuern. Aber der Indie-Autor kann sich den Lektor, den Grafiker etc. aussuchen und er behält in allen Entscheidungen das letzte Wort, anders als im Verlag.
  • Freiheiten
    Wer kommerziell erfolgreich sein will, sollte auf den Markt achten und den Geschmack seiner Zielgruppe kennen. Dennoch hat ein Indie-Autor wesentlich mehr Freiheiten als ein Autor bei einem Verlag. Er kann beispielsweise einen Genremix schreiben und veröffentlichen, der von Verlagen mit dem Argument, man wisse dann nicht, in welches Regal das in der Buchhandlung einsortiert werden sollte, abgelehnt würde. Er kann außergewöhnlichere Themen abseits des Mainstreams herausbringen, für die ein Nischenpublikum existiert, das einem Verlag zu klein wäre. Er kann andere Formate anbieten, zum Beispiel Novellen, kürzere Romane oder Kurzgeschichten und Kurzgeschichtensammlungen, die vor allem als E-Book zurzeit eine Renaissance erfahren.
  • Rechte
    Alle Rechte verbleiben beim Autor, der sein Werk damit in allen Formen veröffentlichen kann: Print (per Print on Demand ohne hohe Vorabkosten und sehr bequem möglich), E-Book, Hörbuch, (Kurz-)Film – oder er kann frei über die jeweiligen Rechte verhandeln, etwa TV-Rechte. Er kann das Werk jederzeit vom Markt nehmen. Auch Aktualisierungen sind speziell bei E-Books kein Problem. Manche Verkaufsplattformen bieten ein Upload der aktualisierten Fassung ohne Umstände an (zum Beispiel Amazon), bei anderen Shops fehlt diese Option aus unerfindlichen Gründen (zum Beispiel Bookrix).
  • Lieferzeiten
    Die Bücher bleiben (zumindest als E-Books) ein Leben lang lieferbar. Hier nehmen die Verkaufszahlen oft den umgekehrten Verlauf als in Buchhandlungen: Sie fangen klein an und steigern sich mit der Zeit.
  • Tantiemen
    Im Self-Publishing verbleiben wesentlich höhere Prozente der Verkaufserlöse beim Autor. Zum Vergleich: Von einem Verlag erhalten unbekannte Autoren bei Taschenbüchern meist 5 bis 7 Prozent, bei Hardcover 10 bis 12 Prozent, bei E-Books meist 20 bis 25 Prozent des Nettoverkaufspreises. Bei Amazon erhalten Indie-Autoren für E-Books bis zu 70 Prozent.
  • Reichweite und Leserbindung
    Ein Indie-Autor kann für die Leser speziell bei E-Books interessantere Preise machen und damit einen wesentlich größeren Leserkreis erreichen. Trotz niedrigerer Preise macht er dank der höheren Prozente pro Exemplar einen wesentlich besseren Schnitt als wenn er bei einem Verlag veröffentlicht hätte.
    Da Indie-Autoren für das Marketing in der Regel sowieso eine Website beziehungsweise ein Blog haben und in sozialen Netzwerken aktiv sind, können sie darüber in direkte Interaktion mit ihren Lesern treten und sie so binden.
  • Veröffentlichungszyklus
    Ein Indie-Autor kann unbegrenzt viele Bücher in welchem Zeitraum auch immer auf den Markt bringen – so schnell er eben ein professionelles Werk abliefern kann. Er ist nicht auf einen Platz im Verlagsprogramm angewiesen und unterliegt nicht der (inzwischen widerlegten) Annahme, dass Leser von einem Autor nur ein Buch pro Jahr haben wollen – eine alte Richtlinie aus den Verlagen, die damit vor allem ihren Produktionsprozess abbildeten. Doch Leser wollen von ihren Lieblingsautoren schnell Nachschub, sie möchten so viel von ihnen lesen wie nur möglich. Manche Verlage haben das inzwischen erkannt und fordern die Zugpferde unter ihren Autoren auf, mehr zu produzieren – was nicht alle der bisher an lange Produktionszeiten gewöhnten Autoren gut finden (siehe dazu diesen Artikel der New York Times).

Nachteile

  • Stigma
    Eine Veröffentlichung ohne Verlag sehen viele nach wie vor als minderwertig an: Die Bücher werden nicht für die großen Literaturpreise berücksichtigt und gelten bei einigen generell als schlechter im Vergleich zu Verlagsveröffentlichungen, beispielsweise in Bezug auf Ausstattung, Formatierung, aber auch Schreibstil, Anzahl der Rechtschreibfehler etc. Das hatte in der Vergangenheit auch teilweise seine Berechtigung. Da stimmte häufig die Annahme, dass nur diejenigen selbst verlegen, deren Werke zu schlecht für einen Verlagsvertrag waren. Doch heute gilt das nicht mehr, Self-Publishing ist eine echte Alternative, zu der sich immer mehr Autoren aufgrund der Vorteile bewusst entscheiden – gute Autoren, die ihr Handwerk sehr ernst nehmen und exzellente, sehr gut lektorierte Werke herausbringen.
    Die extrem kritische Sicht auf selbst verlegte Bücher ist lustigerweise vor allem in der Branche selbst verbreitet: bei Verlagsautoren, bei den Verlagen selbst und bei Literaturkritikern. Das Establishment rümpft also gern die Nase. Die Leser sind wesentlich aufgeschlossener. Die meisten nehmen den Verlag sowieso nicht wahr. Für sie zählen nur der Autor und vor allem natürlich das Buch. Doch es gibt auch mehr und mehr aufgeschlossene Verlage: Während früher schon ein selbst verlegtes Buch auf ewig als Ausschlussgrund von einer Autorenkarriere in einem Verlag gesehen wurde, bekommen heute erfolgreiche Indie-Autoren Verträge angeboten. Und die Verlagsgruppe Droemer Knaur hat mit neobooks ein Portal eingerichtet, in das Autoren ihre Werke einstellen und von der Community bewerten lassen können – und in dem das Verlagslektorat nach Kandidaten für ein Knaur Taschenbuch oder E-Book fahndet. Das Stigma löst sich also langsam auf.
  • Kosten
    Um ein gutes Buch herauszubringen, ist kritisches Feedback unerlässlich, am besten durch einen Profi-Lektor. Damit können auch Indie-Autoren hervorragende Qualität abliefern und gegen das Stigma des Self-Publishings angehen. Doch natürlich kosten ein professionelles Lektorat und Korrektorat Geld. Ebenso ein professionelles Cover durch einen Grafiker. Natürlich kann man das Cover mit einem Bildbearbeitungsprogramm auch selbst machen, doch Vorsicht: Es sollte nicht „billig“ aussehen. Das Cover ist nach wie vor ein extrem wichtiger Faktor beim Kauf eines Buches. Der erste Eindruck zählt.
  • kein Vorschuss
    Verlage zahlen ein garantiertes Honorar als Vorschuss. Und auch wenn es bei unbekannten Autoren niedrig ausfällt: Es gibt sofort Geld für den Autor. Das ist beim Self-Publishing natürlich nicht der Fall.
  • zusätzliche Aufgaben
    Indie-Autoren sind für alles selbst verantwortlich und müssen sich viel Wissen und viele Fähigkeiten aneignen, beispielsweise im Marketing. Man braucht Unternehmergeist und muss Zeit für andere Tätigkeiten als das reine Schreiben aufbringen. Manche möchten stattdessen gern ausschließlich schreiben, für andere wiederum ist genau diese Vielfalt spannend.
  • Vertrieb Printbücher
    Indie-Autoren haben in der Regel keine Chance, ihre Printbücher in die Buchhandlungen zu bekommen. Mit etwas Glück schaffen sie es in die lokalen Buchhandlungen im Wohnort.

Bildnachweis: ayzek / iStockphoto

Bist du Indie-Autor oder möchtest du in Zukunft deine Werke selbst verlegen? Wo siehst du weitere Vor- oder Nachteile? Ich freue mich über Kommentare!

Siehe auch:
Veröffentlichung im Verlag: Vor- und Nachteile
Das Hybrid-Modell: Der Verlagsautor als Self-Publisher

12 Kommentare

  1. Ich danke für die mehrdimensionale Betrachtung dieses Themas. Dabei habe ich viele Aspekte und Anregungen gefunden, die bedenkenswert sind. Danke dafür!

    Grüße

    Thomas

  2. Ich habe 7 Bücher im Selfpublishing veröffentlicht, 6 Sachbücher und ein Tatsachenroman zur Wiedervereiigung vor30 Jahren. Mei erstes Buch über die „wiedeerwachte Freizeitkultur PICKNICK“ wurde gerade ins Englsiche übersetzt, die Übersetzung ins Chinesische läuft gerade.

    Das Stigma gegenüber Selfpublishing ist wesentlich größer, als Sie es hier gerade beschreiben: So hat mich das Bremer Literatur-Kontor als Mitglied abgelehnt, wie auch der Schriftstellerverband. Und zu guter letzt hat sogar die AufnahmeCrew von WIKIPEDIA meinen Eintrag abgelehnt, weil für sie der BoD-Verlag, den ich für mein Selfpublishing nutze, „eben kein ordentlicher Verlag sei“!

    Meine Leser „juckt das in keiner Weise“, denen geht es um die Inhalte und die einmaligen Thematiken meiner Sachbücher. Ich verkaufe inzwischen weltweit mithilfe des BoD-Verlags, auch z.B. über AMAZON, die inzwischen 80% des weltweiten Buchverkaufsumsatzes für sich verzeichnen. Tahlia, books-Google, iBooks, Appel, Hugendubel, Weltbild, etc. etc. bieten meine Bücher weltweit an und ich denke, wenn ich dadzu „Sprachversionen“ in englisch und chinesisch veröffentliche, werden die Verkaufszahlen noch mehr steigen – und zu guter Letzt bleibt (trotz deutscher Buchpreisbindung) für mich wesentlich mehr Autorenhonorar übrig, als bei allen „traditionellen Verlagen“!
    Ich bleibe beim BoD-Autorenportal und bin mit dem Support und allen Hilfeleistungen und Unterstützungen äußerst zufrieden – warum sollte ich denn jetzt wechseln?
    Ich kan nur jedem BoD als Einstieg in die Autorenwelt empfehlen und ich gebe inzwischen WEBINARE und Cochings in Sachen „Wollten Sie schon immer mal einBuch schreiben – wie geht das?“

    1. Das Wichtigste vorab: Der Artikel stammt aus dem Jahr 2012 – und ist damit 9 Jahre alt. Inzwischen hat sich natürlich eine ganze Menge getan. Damals war Selfpublishing in Deutschland noch ein sehr neues Phänomen – zumindest in der heutigen Form.

      Zu Ihren Anmerkungen: Ich hatte ja geschrieben, dass das Stigma zu den Nachteilen zählt – und dass es lustigerweise vor allem in der Branche selbst am meisten verbreitet ist. Das ist ja kein Widerspruch zu Ihren Erfahrungen, sondern deckt sich exakt mit diesen.

      Ich finde es sehr schade, dass Sie diese Erfahrungen machen mussten. Man sollte meinen, die Verbände wären inzwischen weiter. Bei einigen ist das auch der Fall und sie nehmen nun Selfpublisher auf, beispielsweise der VS – Ver­band deut­scher Schrift­stel­le­rin­nen und Schrift­stel­ler. Manche Literaturpreise haben sich ebenfalls für Selfpublisher geöffnet, bei denen das früher undenkbar war. Ich weiß natürlich nicht, wann Sie diese Erfahrungen gemacht haben, aber vielleicht war das noch vor diesem Umdenken.

      Tatsächlich ist BOD kein Verlag im klassischen Sinne, sondern ein Dienstleister. Für Selfpublisher KANN er aber einiges einfacher machen – wenn man das möchte –, wobei man natürlich diese Unterstützung damit bezahlt, dass man einen Anteil an den Tantiemen an BOD abtritt und weniger flexibel ist. Das gilt auch für die Mitbewerber, denn BOD ist natürlich nicht der einzige Dienstleister mit diesem Geschäftsmodell.

      Das Team der deutschen Wikipedia ist dafür bekannt, besonders restriktiv zu sein, was neue Einträge anbelangt, warum auch immer. Die systematische Benachteiligung trifft nicht nur Selfpublisher, sondern auch viele andere Gruppen.

      Danke für Ihren Kommentar und viel Erfolg mit den Übersetzungen.

  3. Hallo,
    tolle Erklärungen, vielen Dank!
    Ich würde gerne ein Kinderbuch im Eigenverlag drucken lassen. Habt ihr mir einen Tipp für eine kostenvernünftige Druckerei mit ansprechender Qualität und schneller Lieferzeit.
    Frage 2: wann muss ich den Verlag als Firma anmelden?

    Liebe Grüße und danke,
    Julia

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