Die eigene Stimme finden

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Um aus der Masse der Veröffentlichungen herauszustechen, braucht ein Autor eine eigene Stimme. Das ist wichtig, um einen bleibenden Eindruck bei den Lesern zu hinterlassen, sodass sie sich später hoffentlich an das tolle Leseerlebnis erinnern und das nächste Buch des Autors kaufen, wenn es erscheint.

Viel lesen

Doch wie findet man die eigene Stimme? Zunächst kann es helfen, sehr viel in verschiedenen Textarten, Genres und von unterschiedlichen Autoren zu lesen. Dabei sollte man sich folgende Fragen stellen: Was erzeugt eine Resonanz? Welche Stimme erreicht mich und bringt tief im Inneren etwas zum Schwingen? In welchem Genre möchte ich schreiben (mehr zum Thema Genrewahl) und welche Art Stimme passt dazu?

Lieblingsautoren analysieren

Sehr hilfreich ist es auch, die Werke eines Autors, dessen Stimme und Stil man liebt, genau zu studieren. Was gefällt einem gut und warum?

Ist die Sprache insgesamt eher komplex mit vielen Schachtelsätzen und außergewöhnlicher Wortwahl oder ist sie eher einfach und schlicht? Ist der Ton, die Stimme ironisch oder nicht, heiter, humorvoll, schwungvoll oder handelt es sich um einen informativen Stil, schnörkellos, direkt, neutral? Ist die Stimme schnoddrig oder lakonisch? Ist die erzeugte Atmosphäre vielleicht düster oder melancholisch und haben die Wortwahl und die Satzmelodie darauf einen Einfluss?

Es gibt unzählige Arten. Und die unterschiedliche Wirkung beim Leser ist nicht nur vom Inhalt abhängig, sondern sehr stark von der Stimme.

Eigene Experimente

Hat man einen Stil gefunden, der einem gut gefällt, dann könnte man versuchen, etwas Eigenes in diesem Stil zu schreiben – für den Anfang vielleicht eine Kurzgeschichte. Nur zum Ausprobieren, um zu sehen, ob es fließt oder ob man sich verbiegen muss, um diese Stimme zu erreichen. Falls Letzteres der Fall ist, dann ist das nicht die eigene Stimme. Dann lieber weiter probieren.

Um die eigene Stimme zu finden, hilft es auch, etwas anderes als einen literarischen Text zu schreiben. Einfach mal etwas Essayistisches probieren, über ein Thema schreiben, das einem viel bedeutet und/oder in dem man sich gut auskennt. Oder eine Art Tagebucheintrag schreiben, vielleicht auch aus Sicht einer der Figuren des nächsten geplanten Romans. Der Trick ist: Hier soll nicht das Gefühl von einem Besitz ergreifen, dass hohe literarische Kunst herauskommen oder das Geschriebene einem bestimmten Autor oder Genre entsprechen muss. Hier kann man einfach so schreiben, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Und häufig zeigt sich hier auch schon die eigene Stimme. Schreibt man automatisch bildhaft? Nutzt man viele Vergleiche? Blitzt Humor durch? Was ganz natürlich den Weg aufs Papier oder den Bildschirm findet, ist ein sehr guter Ausgangspunkt.

Kritische Selbstanalyse

Mit etwas Abstand sollte man sich das Geschriebene ansehen und sich folgende Fragen stellen: Ist der Text so geschrieben, dass ich ihn gern lesen würde, wenn er von jemand anderem stammte? Dass mein idealer Leser ihn gern lesen würde? Möchte ich mit einem solchen Text in Verbindung gebracht werden? Ist das ein Text, auf den ich stolz sein kann?

Die Stimme weiterbilden

Die eigene Stimme kann man weiter ausbilden und kultivieren. Da hilft nichts anderes als viel zu schreiben und zu üben. Dadurch lernt man nicht nur das Handwerk besser und entwickelt sich als Schriftsteller weiter, sondern auch die eigene Stimme wächst mit, wird stärker, ausdrucksvoller und unverwechselbar.

Wahre Meister schaffen es, für verschiedene Texte beziehungsweise Textarten mit verschiedenen Stilen zu arbeiten. Der Artikel für die Kulturbeilage der Zeitung ist sachlich-informativ, die Kurzgeschichte für die Horroranthologie voll schwarzen Humors, der nächste Thriller nutzt eine direkte, schnörkellose Sprache, die die Spannung gut trägt.

Natürlich lohnt es sich, mit Sprache und Stil zu spielen und vieles auszuprobieren. Will man aber Romane schreiben und damit erfolgreich sein, sollte man eine passende Stimme wählen, die einem gut liegt, und sie zu einer möglichst starken und unverwechselbaren Stimme ausbilden, indem man sie durch viel Übung schult.

Bildnachweis: vectomart / depositphotos.com

Hast du deine Stimme schon gefunden oder bist du noch auf der Suche? Welche Techniken nutzt du, um deine Stimme auszubilden? Ich freue mich über Kommentare!

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