Foto: Junge Frau mit Selbstzweifeln

Selbstzweifel: Segen und Fluch für Künstler

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Viele Künstler tragen eine gehörige Portion Selbstzweifel in sich. Das trifft auf Schriftsteller ebenso zu wie auf Maler, Bildhauer und Musiker. Dabei können Selbstzweifel für Künstler durchaus hilfreich sein, sofern sie dazu führen, dass die Künstler ihr Handwerk besser beherrschen und sich weiterbilden möchten. Zudem ist Bescheidenheit grundsätzlich ein sympathischer Wesenszug. Problematisch wird es allerdings, wenn die Selbstzweifel derart überhand nehmen, dass sie den Künstler lähmen.

Wenn Selbstzweifel die Kreativität lähmen

Das Gefühl, dass alles, was man bewerkstelligen kann, sowieso nicht ausreicht, dass die Worte auf dem Papier, die Farbtupfer auf der Leinwand nicht das wiedergeben (können), was man sich vor dem geistigen Auge ausgemalt hat, kann jeden kreativen Funken ersticken.

Tatsächlich sind die Künste nur ein Transportmedium für Ideen und Themen. Sprache beispielsweise ist ein sehr mächtiges Werkzeug, aber Gefühle oder ein detailreiches visuelles Bild lassen sich mit ihr nur ungenügend beschreiben, weil Sprache nun einmal abstrakt ist. Doch es geht gar nicht darum, dass der Leser exakt dasselbe vor seinem geistigen Auge sieht wie der Autor beim Schreiben des Textes vor seinem. Wenn von einem Plüschsofa und schweren Vorhängen an den Fenstern die Rede ist, mag der eine das Sofa in Altrosa sehen und die Vorhänge aus Chintz, während ein anderer ein cremefarbenes Sofa und die Vorhänge aus Brokat oder Jacquard vor Augen hat. Aber letztlich kommt es darauf auch nicht an. Der Gesamteindruck des Raumes (und indirekt seiner Bewohner) ist ähnlich. Und darum geht es letztlich. Um ein genaues Bild vorzugeben, bräuchte man allein für die Beschreibung eines einzigen Raumes viele Seiten. Und wer würde das lesen wollen? Die Kunst besteht darin, mit wenigen griffigen Details ein Bild heraufzubeschwören, das sich von Leser zu Leser unterscheiden kann, aber immer die gleiche Wirkung hervorruft.

Wege aus der Falle: Überzogene Erwartungen zurückschrauben und regelmäßiges Üben

Mit keiner Kunst lassen sich Ideen hundertprozentig und unverfälscht in andere Menschen einpflanzen. Der Job des Künstlers ist es, seine Kunst so gut zu beherrschen, dass er mit deren Mitteln seinem Wunschergebnis so nah wie irgend möglich kommt. Wenn man sich das vor Augen hält, haben überzogene Selbstzweifel und damit eine Lähmung der kreativen Prozesse keine Chance mehr.

Dabei ist es nur natürlich, dass man sich im Laufe der Künstlerkarriere weiterentwickelt. Wer sich aber ängstlich in eine Ecke kauert, wird sich niemals verbessern. Deshalb sollte man oft und vor allem regelmäßig üben. Dir haben die Selbstzweifel alle Ideen aus dem Kopf gefegt? Dann mach einfach Folgendes: Nimm dir am besten jetzt gleich eine halbe Stunde Zeit und versuche auf einer Seite die Beschreibung eines Schauplatzes. Achte auf aussagekräftige Details und darauf, möglichst alle Sinne einzubeziehen. Viel Spaß!

Plagen dich Selbstzweifel? Keine Angst, in einem gewissen Maß kommt das deinem Schreiben zugute. Oder sind sie so stark, dass sie dich an der Realisierung deines Traums hindern? Was tust du in diesem Fall dagegen? Ich freue mich über Kommentare!


Bildnachweis: DRB Images / iStockphoto


4 Kommentare

  1. Selbstzweifel überkommen mich nur selten. Aber wenn, dann schon fast in Form einer Depression. Meist passiert das, wenn ich über einen langen Zeitraum enorm kreativ war. Am besten ist es dann, gar nichts zu machen, wieder locker zu werden und auf die innere Stimme zu warten, die zurück zur Feder führt.

    1. Hallo Georg,

      was du schilderst klingt so, als sei nach exzessiver Schaffensphase der kreative Brunnen ausgetrocknet und müsste sich erst wieder regenerieren/auffüllen. Ja, das klingt sehr einleuchtend. Danke für deinen Tipp, wie man mit einer solchen Situation umgehen und die Kreativität und Freude wiedergewinnen kann.

      Vermutlich hilft es dann auch, sich Anregungen zu holen und inspirieren zu lassen – vielleicht auch durch andere Künste, etwa in Ausstellungen oder durch Musik (Letzteres wäre bei dir ja die Ursprungskunst). Ich denke, dass sich mit solchen Hilfsmitteln der „kreative Brunnen“ schneller wieder füllen lässt. Aber dazu muss man das eigene aktuelle Projekt zunächst ruhen lassen und sich eine Auszeit gönnen, wie du ja auch schon geschrieben hast.

      Danke dir für diese Einblicke und den guten Tipp!
      Kerstin

  2. Was machen, wenn die Selbstzweifel in Form von Neid daherkommen, man sich in Buchläden am Tisch der Bestsellerautoren dermaßen überfordert und unglücklich fühlt, dass man sich am liebstem direkt die Kugel geben will, und nie mehr auch nur einen Satz von anderen ( erfolgreichen !!!) Autoren lesen oder hören will, weil man es nicht ertragen kann, selber auf der Stelle zu treten und müde geworden ist, sich Gehör zu verschaffen ( d.h. lesende Augen für seine eigenen Werke zu finden).
    Mir geht es so, und ich frage mich was ich dagegen tun kann?

    1. Liebe Ute,

      entschuldige bitte, dass die Antwort etwas auf sich hat warten lassen.

      Zunächst: Ein wenig Neid kennt vermutlich jeder und in einem gewissen Rahmen halte ich ihn für durchaus natürlich und auch gesund. Denn Neid kann ein Ansporn sein („So erfolgreich werde ich auch eines Tages sein!“), eine Motivation, weiterzumachen und sich anzustrengen. Wenn er einen allerdings blockiert, sogar lähmt, dann ist er natürlich ungesund.

      Hm, in der Form, wie du es schilderst, kenne ich das Phänomen nicht. Ich liebe Literatur, ich liebe gute Bücher und ich lese unglaublich gern. Wenn ich dann noch ein außergewöhnlich gut geschriebenes Buch in Händen halte, freue ich mich immer an der Sprache, an den ungewöhnlichen Ideen, an den schrägen Figuren – eben an dem, was das Buch so besonders macht. Und ich schaue dann, wie es dem Autor gelingt, mich so zu verzaubern. Daraus kann man auch wieder viel für das eigene Schaffen ziehen. Lernen gehört dazu, als Autor wird man Zeit seines Lebens nicht auslernen. Hat man Spaß an diesem Lernen, ist das natürlich ein riesiger Vorteil.

      Annika Bühnemann hat kürzlich ein Video veröffentlicht mit dem Thema „Warum dich NEID vom ERFOLG abhält“. Ich sehe gerade, dass das witzigerweise an dem Tag hochgeladen wurde, an dem du deinen Kommentar hier verfasst hast. Vielleicht hilft es dir ja weiter: https://www.youtube.com/watch?v=yv8CYGa-hks

      Selbstzweifel sind aus meiner Sicht ein ganz eigenes Thema und haben nicht zwingend etwas mit Neid zu tun. Da hilft nur, zu analysieren, woran es noch hakt (sind die Dialoge hölzern oder die Figuren zu zweidimensional oder stimmt der gesamte Aufbau nicht, fehlt es an Spannung, …?) und dann gezielt daran zu arbeiten. Schafft man das nicht allein und/oder ist betriebsblind, hilft der Blick von außen, sei es von Autorenkollegen, Testlesern, (freiberuflichen) Lektoren. Hapert es an mehr als einer Stelle, würde ich ein Problem nach dem anderen angehen und mich mit Techniken beschäftigen, mit denen es sich beseitigen lässt. Schreiben ist zum allergrößten Teil Handwerk – und das lässt sich lernen. Man muss allerdings auch dazu bereit sein. Und ja, der Weg kann steinig sein und lang dauern, aber wenn man wirklich, wirklich schreiben will, kann einen das nicht aufhalten. Und mit der Zeit wird das Feedback besser und besser werden und die Selbstzweifel werden kleiner und kleiner – weil man genügend Wissen besitzt und Tricks und Kniffe kennt, ein gutes Werk zu erschaffen. Ich wünsche dir, dass du dorthin kommst – und vor allem wünsche ich dir, dass du viel Spaß auf diesem Weg hast. Lass ihn dir nicht nehmen!

      Beste Grüße
      Kerstin

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