Foto: Caterina Kirsten

Interview: „Der Literaturagent ist der bezahlte Freund des Autors“

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Wer als Autor traditionell bei einem Verlag veröffentlichen möchte, hat vor allem bei den großen Publikumsverlagen bessere Chancen, wenn er von einer Literaturagentur vertreten wird. Ich hatte das Vergnügen, beim letzten Publishing-Stammtisch Pub ’n’ Pub Caterina Kirsten kennenzulernen, die bei der Literaturagentur copywrite arbeitet. In diesem Interview erläutert sie, wie die Zusammenarbeit zwischen Autor und Literaturagentur aussieht, was ein Autor tun kann, um seine Erfolgschancen zu erhöhen, und gibt zudem Tipps für ein gutes Exposé.

Welchen Stellenwert hat Literatur für dich, welche Rolle spielt sie in deinem Leben?

Wenn jemand mit Büchern arbeitet, dann geschieht das in der Regel aus einer Leidenschaft heraus. Bei mir war das nicht anders. Schon immer habe ich – wie soll es auch anders sein – gerne gelesen. Doch erst im Laufe meines geisteswissenschaftlichen Studiums merkte ich, dass ich literarische Texte nicht nur konsumieren, sondern mit ihnen arbeiten wollte. Dass ich die Leidenschaft zum Beruf machen wollte, wie es so schön heißt.

Dementsprechend nimmt die Literatur eine zentrale Rolle in meinem Leben ein. Alle beruflichen und privaten Projekte, denen ich nachgehe, haben in irgendeiner Weise mit dem geschriebenen Wort zu tun: Es fasziniert mich zu sehen, was man mit Sprache machen kann, wie vielseitig sie ist und welche Wirkung Geschichten auf unser Leben und unsere Welt haben.

Warum arbeitest du bei einer Literaturagentur?

Bereits am Ende meines Bachelorstudiums kristallisierte sich heraus, dass ich im Verlagswesen tätig sein wollte, weshalb ich mich für einen entsprechenden praktisch ausgerichteten Masterstudiengang entschied. Was mich an der Arbeit in der Literaturagentur interessiert, ist im Grunde das, was mich generell am Verlagswesen interessiert: Mir geht es nicht nur darum, irgendwie mit dem Gegenstand Buch zu tun zu haben, sondern ganz speziell darum, am und mit dem Text zu arbeiten. Mein Ziel ist es schlichtweg, gute Bücher zu machen. Neue Stimmen und Geschichten zu finden.

Der direkte und enge Kontakt zu den Autoren ist dabei ein Aspekt, den ich besonders schätze: Mit dem Autor in einen kreativen Austausch zu treten bereitet mir nicht nur großes Vergnügen, es ist auch ungemein inspirierend und wirkt sich bereichernd auf meinen eigenen Zugang zur Literatur aus. Aus jeder Zusammenarbeit nehme ich etwas mit, das mir – über das konkrete Manuskript hinaus – auch in folgenden Projekten hilfreich sein kann.

Wie viele unverlangt eingesandte Manuskripte erreichen euch durchschnittlich im Monat/Jahr?

Im Jahr erreichen uns etwa siebenhundert Manuskripte von Autoren, die noch nie in einem Buchverlag veröffentlicht haben. Hinzu kommen noch einmal halb so viele Manuskripte von Autoren, die bereits Veröffentlichungen vorweisen können.

Wie viele davon sind erfolgreich, wie vielen Autoren bietet ihr daraufhin einen Agenturvertrag an? Wie viele Autoren hat die Agentur insgesamt unter Vertrag?

Derzeit haben wir etwa vierzig aktive Autoren unter Vertrag. Pro Jahr nehmen wir zwischen fünf und zehn Manuskripte an, also gerade einmal ein Prozent aller eingereichten Manuskripte. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Rest unbrauchbar ist: Hin und wieder müssen wir durchaus interessante Projekte aussortieren, weil sie nicht den Marktkriterien entsprechen. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass ein Text sprachlich so experimentell oder ungewöhnlich ist, dass wir ihn bei keinem der großen Publikumsverlage sehen: In solchen Fällen empfehlen wir den Autoren, an die kleinen, unabhängigen Verlage heranzutreten, die sich oftmals weniger an Trends orientieren.

Was sind die typischen Fehler, die Autoren beim Einreichen ihres Manuskripts machen?

Unsere Schwerpunkte sind Kriminalromane, Frauenunterhaltung sowie Gegenwartsliteratur; auf unserer Webseite weisen wir ausdrücklich darauf hin, welche Genres wir nicht vertreten. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Autoren uns Fantasy- oder historische Romane anbieten, weil sie sich ganz offenbar nicht mit dem Profil der Agentur auseinandersetzt haben. Solche Manuskripte sortieren wir von vornherein aus. Bevor Autoren also an Agenturen oder auch Verlage herantreten, sollten sie sich unbedingt mit den jeweiligen Programmen befassen und die Anweisungen zur Einsendung von Manuskripten befolgen.

Was relativ häufig vorkommt, sind unvollständige oder wenig aussagekräftige Exposés. Ein Autor sollte nicht versuchen, einen Klappentext zu formulieren und mit Floskeln und Superlativen sein Buch anzupreisen („eine atemberaubende Geschichte“ und dergleichen). Er soll sachlich und präzise den Inhalt des Textes zusammenfassen und ggf. auf etwaige stilistische oder formale Besonderheiten hinweisen. Wichtig ist dabei auch, den gesamten Handlungsverlauf inkl. der Auflösung darzulegen, da wir – vor allem im Krimibereich – nur so beurteilen können, ob ein Plot kohärent und plausibel ist.

Gibt es bestimmte Stoffe/Themen, die ihr zurzeit sucht? Welche?

Nicht wirklich. Wir sind immer auf der Suche nach originellen Stoffen und nach frischen Stimmen, in Zukunft wollen wir dabei unser Augenmerk verstärkt auf junge, aufregende Gegenwartsliteratur richten. Was uns nicht interessiert, sind 08/15-Geschichten, von denen wir das Gefühl haben, sie schon hundertmal gelesen zu haben. Der Autor muss etwas zu erzählen haben, er soll sich beim Schreiben nicht daran orientieren, was gerade gut auf dem Markt funktioniert, denn man merkt einem Text schnell an, wenn sein Verfasser nur auf eine Welle aufspringen will.

Aktuell ist diese Entwicklung beispielsweise im Erotikbereich zu beobachten: Die Leute haben gesehen, was für ein immenser Erfolg damit erzielt werden kann, also zimmern sie schnell etwas zusammen. Dabei muss ein Autor für sein Thema brennen, und er muss sich diesem Thema auf neuartige Weise nähern, sei es inhaltlich oder stilistisch.

Hast du ein paar Tipps parat, wie Autoren ihre Erfolgschancen erhöhen können? Worauf sollten Autoren dringend achten?

Die Frage finde ich schwierig, da es erstens natürlich kein Rezept für den Erfolgsroman gibt und da sich zweitens ein Autor beim Schreiben nicht allzu sehr von Marktstrends beeinflussen lassen sollte. Ganz allgemein lassen sich vielleicht folgende Dinge sagen: Erfahrungsgemäß ist es eher schwierig, extrem ausgefallene Projekte (inhaltlich ebenso wie stilistisch) unterzubekommen, ebenso Texte, die sich jeglicher Kategorisierung bzw. Genrezuweisung verweigern und somit auch keine klare Zielgruppendefinition zulassen. Außerdem sollte sich der Autor fragen, ob es dafür, was er zu erzählen hat, eine Leserschaft gibt – das ist zum Beispiel dann relevant, wenn es darum geht, eigene Erfahrungen literarisch zu verarbeiten. Und zu guter Letzt ist es sicherlich von Vorteil, wenn der Autor „verfügbar“, „greifbar“ ist und eine Bindung zu seinen Lesern aufbaut, indem er beispielsweise auf den sozialen Netzwerken aktiv ist.

Wie sieht bei der copywrite Literaturagentur die Arbeit zwischen Literaturagent und Autor typischerweise aus?

Wenn uns ein Manuskript überzeugt und wir den Autor unter Vertrag nehmen, arbeiten wir zunächst gemeinsam am Text, d.h. es findet ein Vorlektorat statt, meistens auf inhaltlicher, hin und wieder auch auf stilistischer Ebene. Erst dann treten wir an die Verlage heran: Der Agenturinhaber Georg Simader holt Angebote ein, wählt in Absprache mit dem Autor den geeigneten Verlag und handelt schließlich die Vertragskonditionen aus. Alles Weitere auf dem Weg zur Veröffentlichung des Buches und darüber hinaus (Lektorat, Covergestaltung, Werbung und Marketing, Lesungen, etc.) liegt dann zwar in den Händen des Verlages, doch wird der Agent gewissermaßen als Berater des Autors in alle Entscheidungen mit einbezogen.

Uns ist es wichtig, eine dauerhafte und enge Bindung zum Autor aufzubauen, das heißt wir sehen unsere Arbeit nicht als beendet an, wenn das erste Manuskript vermittelt wurde, sondern begleiten den Autor über die Jahre hinweg. Wir sind sein Ansprechpartner für alle möglichen anfallenden Fragen, helfen ihm bei der Ideenfindung, unterstützen ihn in (wie auch immer gearteten) schwierigen Phasen, sind bei Buchpremieren und ähnlichen Veranstaltungen anwesend, usw. Wie sagt mein Chef immer so schön: „Der Agent ist der bezahlte Freund des Autors“.


Caterina Kirsten studierte Italianistik, Vergleichende Literaturwissenschaft sowie Verlagskultur in Berlin, Siena und Parma. Sie hospitierte im Buchhandel, am Goethe-Institut Turin, in der Marco Vigevani Literaturagentur in Mailand sowie im Lektorat des Aufbau Verlages. Seit 2011 arbeitet sie in der Literaturagentur copywrite in Frankfurt/Main, wo sie für die Prüfung der unverlangt eingesandten Manuskripte, für die Textarbeit und die Autorenbetreuung sowie für die Organisation des Schreibkurses manoscritto in Italien zuständig ist. Außerdem ist sie als freie Lektorin und Übersetzerin tätig.

Beim nächsten Pub ’n’ Pub am 11. Dezember 2012 in Frankfurt/Main geht es übrigens um das Thema Literaturagenturen. Neben dem Inhaber der Literaturagentur copywrite Georg Simader wird Caterina Kirsten dort als Expertin geladen sein. Zudem sind Petra Hermanns (Geschäftsführerin, Medienagentur scripts for sale GmbH) sowie Andrea Dietrich (Projektmanager Digitale Produkte, Campus Verlag) als Experten vor Ort.


Foto: Alexander Paul Englert


Hast du noch Anregungen oder Fragen zum Thema Literaturagenturen? Dann nutze einfach die Kommentarfunktion.


4 Kommentare

  1. Mein Name ist Fred Hartmann, ich bin Roman-Debütautor und habe das Manuskript zu einem historischen Roman an mehrere Verlage und Agenturen verschickt. Dabei ist mir bei einigen Adressaten der Fehler unterlaufen, dass ich bei Namensunkenntnis des zuständigen Lektoren das ungeliebte „Sehr geehrte Damen und Herren“ benutzt habe. Wie aber soll man den Namen des Ansprechpartners/der Ansprechpartnerin herausfinden, wenn auf der Website des Verlags ausdrücklich gewünscht wird, keinen telefonischen Kontakt aufzunehmen?

    Ihre Antwort mit Interesse entgegensehend
    Fred Hartmann

    1. Hallo Fred,

      zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Roman! Und dann entschuldige bitte, dass die Antwort etwas auf sich warten ließ. Nun aber:
      In dem Fall sollte man natürlich den Wunsch des Verlags akzeptieren und nicht telefonisch Kontakt aufnehmen. Meist ist damit aber gemeint, nicht im Lektorat anzurufen. Man kann meist sehr wohl in der Telefonzentrale anrufen und sich den Namen eines Lektors im passenden Lektorat geben lassen. Eine weitere Möglichkeit ist, zu schauen, welche Autoren in dem Verlag veröffentlichen. Wenn man ein gutes Netzwerk pflegt – persönlich, aber auch über Social-Media-Kanäle – kennt man vielleicht einen davon und kann ihn fragen, wie sein Lektor im Verlag heißt (sofern es sich um dasselbe Genre handelt) und dann an diesen Lektor adressieren, evtl. mit Bezug auf den Autor, wenn der damit einverstanden ist. Und wenn all das nicht hilft: Nur wegen der Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ wird kein Verlag und wird keine Agentur ein Manuskript ablehnen, das sie sonst mit Kusshand genommen hätte.

      Viel Erfolg!
      Kerstin

      1. Betr. Die Anrede
        Sehr geehrter Herr Hartmann.
        Ich kann Ihre Enttäuschung verstehen. Leute wie Sie und ich haben noch eine Erziehung genossen, die es uns verbietet, fremde Menschen zu duzen, wie das in Internetforen zur Gewohnheit geworden ist. Und wie man es täglich in der Werbung ertragen muß.
        Einst hatte ein Verleger auf der Buchmesse getönt:,,Also, wenn ich ein Manuskript erhalte mit der Anrede: ,Sehr geehrte Damen und Herren,‘, dann fliegt das sofort in den Papierkorb.“
        Darin erkennt man die geballte Arroganz deutscher Verleger uns Autoren gegenüber.
        Wie er sich allerdings eine Anrede vorstellt, hat jener Ignorant nicht formuliert.
        F. Wolf

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